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Victualis Naturheilpraxis - Heilpraktikerin Anne Becker

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Schmerz - ein gutes Zeichen?!

Artikel für die clio 97 (November 2023)

Jeder Mensch erlebt mindestens einmal im Leben das Gefühl von körperlichen Schmerzen. Doch wie entsteht Schmerz überhaupt?

In unseren tieferen Hautschichten sitzen mechanische Rezeptoren, die auf Druck, Vibrationen, Hitze sowie Kälte und auch Verletzungen reagieren. Diese Rezeptoren schicken ein elektrisches Signal über Nervenzellen hoch an das Gehirn. Sowohl im Rückenmark als auch im Gehirn werden diese elektrischen Impulse verarbeitet und interpretiert. Dieser Prozess wird als Up-Regulation bezeichnet. Ein Gefühl von Schmerz wird dann als Reaktion auf die elektrischen Impulse im Gehirn erzeugt und in den Körper hinunter gesendet. Dies nennt sich Schmerzantwort oder Down-Regulation. Unser Nervensystem spielt also bei der Entstehung von Schmerz, besser gesagt bei der Schmerzantwort eine große Rolle.

Es gibt Verletzungen des menschlichen Gewebes, die nicht zu Schmerzen führen, z.B. bei radiologischen Untersuchungen. Hierbei entstehen im Gewebe Mikroverletzungen, die nicht spürbar sind, weil das Gehirn keine Schmerzantwort in den Körper sendet. Andersherum kann das Gefühl von Schmerz auch entstehen, wenn keine Verletzungen im Körper vorhanden sind, z.B. bei der Erkrankung der Fibromyalgie oder bei Phantomschmerzen (Schmerzgefühl in einem amputierten, nicht mehr vorhandenem Körperteil). Verletzungen und Schmerz sind also zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, die jedoch oft zusammen auftreten können.

Bei Schmerzen im Bewegungsapparat schmerzt nicht das eventuell entzündliche Gelenk, sondern die Schmerzantwort wird in die Muskeln, die um das Gelenk herum angeordnet, sind gesendet. Die betreffenden Muskeln spannen sich darauf hin stark an, was einen Muskelhartspann zur Folge hat. Diese extreme Anspannung der Muskeln wird wiederum als Signal zum Gehirn über unsere Nervenzellen gesendet. Das Nervensystem verarbeitet diese Informationen und antwortet mit weiteren Schmerzsignalen für den Körper. Ein Teufelskreis beginnt.

Seit vielen, vielen Jahren behandle ich Schmerzpatient:Innen in meiner Praxis. Ein Patientin ist mir auf Grund ihres schwarzen Humors besonders im Gedächtnis geblieben. Sie meinte: „Ja, ich habe Schmerzen, das ist ein gutes Zeichen. Das heißt ich lebe noch!“

So herb die Aussage klingen mag, naturheilkundlich betrachtet, ist Schmerz tatsächlich ein gutes Zeichen. Denn Schmerzen erinnern uns daran bewusster und sorgsamer mit unserem Körper umzugehen. Schmerzen möchten uns davor bewahren, dass unser menschliches Gewebe, wie Haut und Muskeln oder Knochen durch unser unbewusstes Verhalten verletzt werden.
 

Guter Schmerz – schlechter Schmerz

Grundsätzlich werden in der Naturheilkunde unterschiedliche Schmerzformen unterschieden: akut und chronisch.
Akute Schmerzen sind gute Zeichen, diese senden dem Körper plötzlich Signale:

  1. Warnsignal: du bist nicht bewusst und viel zu schnell in eine Körperhaltung gegangen, die eine Überdehnung hervorgerufen hat. Achte besser auf mich!

  2. Reparatursignal: momentan repariere ich die Schwachstellen in diesem Bereich. Bitte überstrapaziere mich nicht!

  3. Schutzsignal: deine Seele zeigt mir, dass du psychisch angespannt bist und ich werde dich zusätzlich schützen, indem ich durch Muskelanspannung einen Panzer um dich lege.

Akute Verletzungen lösen teils Mikroentzündungen aus. Entzündungen sind eine Art Reparaturmechanismus des Körpers, bei dem viele aktive Zellen des Immunsystems ausgeschüttet werden, um den Körper zu heilen. Das Gehirn sendet dabei ein Signal in den Körper: „hier findet gerade eine Reparatur statt!“ Und das nehmen wir als akuten Schmerz wahr. Akuter Schmerz und eine akute Entzündung sind also gute Zeichen, denn Heilung findet statt.

Chronische Schmerzen hingegen, die mehrere Wochen anhalten, zeigen an, dass Reparatur- und Schutzmechanismen den Schaden nicht beheben können und dauerhaft arbeiten müssen. So sendet das Gehirn dauerhaft das Signal: „Hier findet gerade eine Reparatur statt!“ in den Körper.
 

Erste Hilfe bei Schmerzen

Ein bulgarisches Sprichwort sagt: „Gegen jeden Schmerz ist ein Kraut gewachsen.“. Einige Pflanzen enthalten schmerzlindernde Inhaltsstoffe, die bei unterschiedlichen Schmerzarten angewendet werden können.

  • Arnika
    Arnika wirkt schmerzlindernd. Traditionell wird es eingesetzt bei geschlossenen Verletzungen, wie Quetschungen, Prellungen und Verstauchungen. Auf offenen Wunden sollte Arnika nie angewendet, da sich die Haut entzünden könnte. Auf Grund des hohen Allergie-Potentials ist Arnika nicht empfehlenswert für Patientinnen mit einer Allergie gegen Korbblütler.

  • Beinwell
    Altbewährt ist das Auftragen von Beinwell auf geschlossene Verletzungen. Bereits Hildegard von Bingen wendete diese Heilpflanze bei Verstauchungen an. Es fördert die Wundheilung und zieht Entzündungen aus dem Gewebe. Besonders gut hilft Beinwell bei Sportverletzungen. Schwangere, Stillende und Kinder sollten hingegen auf Beinwell verzichten.

  • Heublume
    Feuchtwarme Heublumen-Kompressen können bei chronischen rheumatischen Beschwerden helfen, die vor allem durch Kälte ausgelöst worden sind. Die Durchblutung wird gefördert und die Muskulatur entspannt sich. Bitte nicht anwenden bei Entzündungen und akuten rheumatischen Schüben.
     

Akupunktur und Akupressur

Es mag paradox klingen, aber Akupunktur und Akupressur unterstützen den Entzündungsprozess, der zur Heilung führt. Oft kommt es zu einer Überwärmung des schmerzhaften Gebietes, weil die Reparatur des Gewebes auf Hochtouren läuft. Somit wird der Heilungsprozess erleichtert und die Heilungsdauer verringert. Gleichzeitig wird das Nervensystem (Gehirn und Nervenzellen) wieder ausgeglichen, sodass die Schmerzantwort und somit das Schmerzgefühl reduziert wird.

Akupunktur und Akupressur kann auch bei chronischen Schmerzen eingesetzt werden. Dafür muss zu nächst im Erstgespräch festgestellt werden, warum der Körper nicht in der Lage ist die betroffene Stelle zu heilen. Meist liegen die Ursachen in einem Ungleichgewicht innerer Organe, wie Leber, Milz oder Magen. Werden diese Disharmonien ausgeglichen erfolgt oft auch die Heilung des schmerzenden Gebietes und das Schmerzgefühl kann verringert oder sogar ganz aufgehoben werden.
 

Schlaf

Ein gesundes Nervensystem verringert die Schmerzantwort unseres Gehirns, welches er als Signal in den Körper sendet.

Maßgeblich beteiligt an der Heilung von Zellen und Geweben ist das Lymphatische System, bestehend aus den Lymphgefäßen und der darin enthaltenen Lymphflüssigkeit. Im Lymphatischen System arbeiten viele Immunzellen an der Reparatur des umliegenden Gewebes. Unser Gehirn verfügt nicht über dieses lymphatisches System, aber wird unterstützt durch das Glymphatische System. Darin zirkulieren viele immunkompetente Zellen, die zur Heilung und Reparatur von geschädigtem oder überreiztem neurologischem Gewebe beitragen. Besonders in den ersten Stunden nach dem Einschlafen ist nicht nur das Lymphatische System, sondern auch das Glymphatische System aktiv. Es spült viele krankheitserregende Stoffe aus dem Nervensystem heraus und trägt somit allgemein zur Gesundung bei. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn wir auf der Seite einschlafen oder während des Einschlafens auf dem Rücken ein Kissen unter die Füße legen, um diese erhöht zu lagern. So wird der durchspülende Fluss des Glymphatischen Systems unterstützt.

Minimum sollten wir acht Stunden täglich schlafen. Der Körper heilt durch seine Entzündungsprozesse, also Reparaturmechanismen, und das Nervensystem beruhigt sich. So fällt die Schmerzantwort, das Signal welches das Gehirn an den Körper sendet, geringer aus. Schmerzen reduzieren sich.

Jedoch ist es eine Herausforderung mit Schmerzen acht Stunden täglich zu schlafen, denn das Einschlafen und Durchschlafen unter Schmerzen fällt sehr schwer. Hier gilt: nicht die Schlaftiefe oder tatsächliche Schlafdauer ist entscheidend, sondern die Ausruhphase des Körpers. Nur allein das Ruhen des Körpers fördert die Aktivierung des Glymphatischen Systems und somit das Heilen des verletzten Gewebes.
 

Bewegung?!

„Was? Ich soll mich bewegen, wenn es weh tut?“ Das klingt im ersten Moment kontraproduktiv. Dennoch, wenn es möglich und von heilpraktischer sowie ärztlicher Seite erlaubt ist, kann sich moderate Bewegung positiv auf die Heilung auswirken. Leichte Bewegungen mindestens 10 Minuten täglich unterstützen das Lymphatische System, welches den Körper heilt und das Glymphatische System, welches die Schmerzantwort reguliert. Regelmäßiges Schwimmen, Radfahren oder Laufen kann Schmerzen reduzieren und sogar Schmerzen vorbeugen. Empfohlen wird hier mindestens 3 x wöchentlich 30-45 Minuten.
 

Bitte nicht Kühlen!

Wenn eine schmerzhafte Körperstelle gerötet und heiß ist, liegt es nahe eine Kühlkompresse darauf zu legen, um den Schmerz zu mindern. Im ersten Moment hilft das auch sehr gut, denn die Nervenzellen, die uns den Schmerz fühlen lassen, werden während der Kühlungsphase inaktiviert. Der Schmerz ist verschwunden oder deutlich reduziert. Erwärmen sich die Nervenzellen nach dem Kühlen wieder, reagieren sie jedoch auf eine hyperaktive Weise und der empfundene Schmerz verstärkt sich. Zudem wird der Reparaturmechanismus für die Zeit des Kühlens unterbrochen und der Heilungsprozess verlängert sich.
 

Ernährung hat großen Einfluss

Auch wenn es einigen Menschen schwer fällt, doch die Umstellung der Ernährung spielt eine essentielle Rolle um Schmerzen zu verringern. Empfehlenswert ist eine Ernährung mit basisch wirkenden Lebensmittel. Hierunter fallen die meisten Obst- und Gemüsesorten. Dadurch wird das Lymphatische System in der Heilung des Körpers unterstützt. Umfangreiche Listen über basisch wirkende Lebensmittel sind im Buchhandel oder frei im Internet erhältlich.

Zuckerhaltige Lebensmittel verstärken zwar den Entzündungsprozess, hemmen allerdings den Reparaturmechanismus, weil sie den gesunden Lymphfluss verringern. Somit können schädlich wirkende Abbauprodukte, die bei der Reparatur anfallen nicht abtransportiert werden. Die Entzündung verstärkt sich und die Gefahr eines chronischen Schmerzzustands erhöht sich. Ein Verzicht auf Zucker über mehrere Wochen kann sich positiv auf die Heilung des Körpers auswirken.

Ähnlich wie zuckerhaltige Lebensmittel wirken Milchprodukte in unserem Körper. Die positive Wirkung einer Reduzierung oder sogar ein Verzicht auf Milchprodukte, wie Milch, Joghurt oder Käse zeigt sich schon nach einigen Tagen. Schmerzen werden deutlich reduziert.

Fastenkuren gelten als sehr alte Heiltradition und haben sich bei verschiedenen Schmerzen im Bewegungsapparat bewährt. Dabei gilt jedoch zu beachten, dass es nicht allen Menschen möglich ist zu fasten. Schwangere, Stillende, Menschen mit Depressionen oder Gichterkrankungen sollten andere Heilverfahren für sich nutzen. Bitte besprechen Sie vorher mit einem Heilpraktiker oder einer Arzt, ob das Fasten für Sie eine gute Alternative ist.
 

Dehnung bei chronischen Schmerzen

Besonders bei chronischen Gelenkschmerzen können spezielle Dehnungsübungen den Schmerz verringern und das erneute Auftreten verhindern. Bei chronischen Gelenkschmerzen liegt die Ursache oft in verhärteten und verkürzten Muskeln. Das Gelenk wird von oben und unten zusammengestaucht, sodass die Bewegungsfreiheit des Gelenkes nicht mehr gewährleistet ist. Durch diesen Druck innerhalb des Gelenkes kommt es zu Reibungen. Dadurch verringert sich die Knorpelmasse und Schmerzen entstehen, zunächst bei Bewegung und später auch in Ruhezuständen.

Die richtig angewendete Dehnung hilft den Muskeln wieder weich zu werden und effektiv arbeiten zu können. So wird der Druck auf das Gelenk genommen. Und vor Allem: die Gelenke werden wieder beweglich. Wenn die Gelenke regelmäßig und moderat bewegt werden, wird auch die Knorpelmasse wieder besser ernährt. Dadurch kann erneut Knorpel aufgebaut und der Schmerz reduziert werden.

Um die passende Dehnungsübung für sich zu finden, ist es empfehlenswert Ihren Physiotherapeuten oder Heilpraktiker aufzusuchen.

Bitte beachten Sie, dass dies nur allgemeine Gesundheitsinformationen sind und den Besuch bei einem Heilpraktiker oder Arzt nicht ersetzen können.